Gedanken über ein Leben unterwegs

„Warum reist du so viel? Willst du nicht irgendwann mal mit etwas Gescheitem beginnen?“
Eine Liebeserklärung und rationale Gedanken über ein Leben unterwegs.

 

„Manchmal muss man auch mal eine Pause einlegen.“ – Oma

„Wie lang willst du denn noch durch die Gegend fliegen? Irgendwann musst du doch auch mal was Anständiges machen!“ – Außenstehende

„Zu Hause ist’s doch auch mal ganz schön, oder?“ – Papa

„Und wann seid ihr dann wieder komplett zu Hause?“ – Freunde

„Was machst du denn, wenn du mit dem Urlaub fertig bist?“ – Workaholics

„Du musst doch bald auch mal ordentlich Geld verdienen!“ – Babyboomer

 

Danke. Danke für all eure Ratschläge. Danke für diese lieb gemeinten Aussagen, die mich offenbar erreichen sollten und doch wie so oft nur eure und die überhaupt scheinbar grundsätzlich menschliche Angst vor dem Unbekannten spiegeln. Danke, dass ihr so oft für mich da seid und mir zeigt, was gut und was schlecht für mich sein könnte. Obwohl ich glaube, dass diese Einordnung rein bürgerlicher Natur entstammt und nicht das wahre Sein des Menschen beschreiben kann, spüre ich trotzdem eine tiefe Dankbarkeit dafür. Womöglich, weil es euer Ausdruck für „Pass auf dich auf, ich liebe dich“ ist und diese nackte essentielle Botschaft mich so berührt.

Und doch entspricht mir ein anderes Leben, als das ihr euch für mich vorstellt.

Reisen, Lernen und Ängste

Für euch ist Reisen Urlaub. Urlaub von einem unliebsamen Alltag, gestressten Mitmenschen und vielleicht von guten Freunden, von denen ihr oftmals Abstand benötigt. Und das ist okay.

Doch für mich ist Reisen Lernen. Lernen von einem unbekannten Leben, neuen Kulturen und aufregenden Menschen. Und ich glaube, auch das ist okay. Bloß ist es ein für die meisten Menschen unergründeter Pfad, der in den meisten Fällen hinaus aus der eigenen Komfortzone hinein ins Abenteuer führt.

Ich glaube, ihr „Kopfmenschen“ – wie ihr euch oft so gern und nahezu stolz bezeichnet – seid in Wahrheit keine „Kopfmenschen“. Ich glaube, ihr „Kopfmenschen“ habt schlicht die Verknüpfung zu eurem Bauchgefühl verloren und daher jedes Vertrauen in das Leben als solches gegen die eigentlich unbegründete Angst vor Neuem eingetauscht. Da die rationale Begründung von Angst jedoch weniger Aufwand erfordert als die Begründung von Tatendrang und Mut – und nebenher erwähnt weitaus mehr gesellschaftlichen Anklang findet – seid ihr „Kopfmenschen“ geworden. Eben jene, die ihr Bauchgefühl gekonnt ignorieren.

Und möglicherweise treffe ich mit diesen Aussagen eben dich, der du vor deinem Bildschirm sitzt. Doch das ist okay. Vielleicht lösen diese Zeilen etwas bei dir aus. Lass’ es zu und beobachte, wie du reagierst.

Der Lehrplan eines Reisenden

Ich glaube, ich habe auf Reisen dazugelernt. Und das ohne jegliche Institution und Lehrplan. Ich glaube, ich habe mich kennen- und mein neues Leben lieben gelernt. Und ich bin überzeugt, dass mich dieses innere Wissen weiter tragen wird, als das in meiner schulischen Laufbahn hart erarbeitete und von Dritten bewertete Know-How.

Viele Augenpaare junger Menschen in meinem Alter wandern gerade an einer weißen 80er-Jahre Tapete ihrer Universität entlang, um einen Blick auf die dort angebrachte Uhr zu werfen und anhand gezielter Kopfrechenmethoden herauszufinden, wie oft der dünne Sekundenzeiger noch seine Runden drehen muss, um der erlösenden Glocke endlich seine Schwingung zu erlauben.

Mein Augenpaar blickt auf eine grüne Wiese inmitten der Natur und sträubt sich, die Augenlider ihren Job machen zu lassen. Dieser Anblick erfüllt mich mit einer unheimlichen Ruhe, die all jene Fragen, die tief in mir wurzeln, an die Oberfläche schwemmt. All jene Fragen, über die es nachzudenken gilt. Fernab von erlernbaren Formeln und Gesetzen jeder Art.

Wie kann ein Mensch schließlich Oberflächliches und vermeintlich Wichtiges lernen und anwenden, wenn seine innersten Unklarheiten nicht auf natürliche Art und Weise sprießen dürfen? Wenn es niemals Zeit gibt, jene zu beantworten und zu lösen. Wenn niemand da ist, der auch diese Art der Bildung erlaubt, die die absolute Grundlage bildet.

Steve Jobs sagte einst, die „neuen“ Generationen schafften es nicht mehr, sich den essentiellen und philosophischen Fragen wie Herausforderungen zu stellen. Und damit liegt er vollkommen richtig. Doch sind es nicht bloß die neuen Generationen, die es versäumen, sich diesen Chancen zu stellen, sondern im gleichen Atemzuge die „alten Generationen“, die uns diese Möglichkeit nicht mehr bieten. Schließlich gilt es nicht authentisch, sondern anpassungsfähig zu sein. Nicht sympathisch, sondern dezent freundlich. Nicht selbstbestimmt, sondern weisungsgebunden. Nicht verträumt, sondern realistisch.

Wo bleibt dort der Raum, sich selbst kennenzulernen? Wenn der junge Mensch in diesen Jahren von unheimlichem Wert nicht begreift, sich selbst zu begreifen, wird dieser Raum womöglich nie mehr zustande kommen, sollte der eigene Lebensweg in ein weisungsgebundenes Arbeitsverhältnis führen.

Ich entscheide mich jeden Tag auf’s Neue für ein Leben auf Reisen. Und sollten Monate der neukulturellen Ebbe kommen, so bleibt mir dennoch eine unvergessliche Erinnerung, die immer wieder ihre Wirkung unter Beweis stellen kann und mich unterbewusst führt, da ich die Zeit, in der ich die wesentlichen Dinge über mich lernen durfte, nach wie vor in mir trage.

Bedeutet demzufolge ein Leben auf Reisen nicht auch, sich niemals in Sicherheit wähnen zu können und entsprechend persönlich keine andere Wahl zu haben, als zu stetig zu wachsen, wenngleich man einen Schul- oder Studienabschluss vorweisen kann, der in Hinsicht auf einen solchen Lebensstil aber wertlos ist? Wie auch immer man sich diese Frage beantworten mag: Ein klassischer Lebensweg von neun bis siebzehn Uhr – um es plakativ und überspitzt auszudrücken – steht allein der Beantwortung dieser Frage um einiges nach.

Ich für meinen Teil werde das Reisen nicht drangeben. Im Gegenteil: Ich begeistere mich Tag für Tag mehr für ein Leben auf diese Weise. Wir werden sehen, wo das hinführt.

Sorry, ihr Lieben.


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Autor: Alex Schreiner

World-Traveller & grenzenloser Optimist. - "Finde dein Glück in der Vielfalt der Welt."

3 Gedanken zu „Gedanken über ein Leben unterwegs“

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