März 14

Das wäre doch was

Ich könnte noch das Manchester City-Spiel einschalten. Sie führen mit drei Toren zu null auf Leipziger Seite. Klare Führung. Und, sind wir mal ehrlich, ein deutsches Team ist nicht in der Lage das einzuholen.

Wozu also reinschauen? Es wäre Zeitverschwendung. Und das Ergebnis wird kaum noch eine Wendung nehmen. Höchstens höher ausfallen. Mit neu entfachter United-Leidenschaft muss man das nicht sehen.

Lieber hänge ich am Laptop. In einer ungesunden krummen Rückenhaltung, die mir irgendwann einmal zum Verhängnis wird. Tante Gudrun sagt immer, ich müsse meinen Rücken trainieren. Und Recht hat sie.

Doch weiß sie, wie langweilig Rückenübungen sind? Herrje, welch Qual! Für Fitness-Faule für mich, denen es lediglich wichtig ist, wie sichtbar die Bauch- und Brustmuskulatur letzten Endes ist.

Und ja, auch dabei spielt de Rücken eine Rolle. Ich weiß, ich weiß.

So, wie am Ende dann doch alles mit allem zusammenhängt. Vorsicht, philosophisch und platt im Übergang!

Die Vorstellung eines trainierten Körpers ist das Eine. Die Praxis das Andere. Letztere sind sich andeutende Hüftpolster inklusive leichter Rückenschmerzen vom krummen Anheben des eigenen Nachwuchses, das an Gewicht nicht abnimmt. Eine Massage wäre spitzenmäßig.

Und so begleitet mich auch auf körperlicher Ebene das Gefühl einer auseinander driftenden Wirklichkeit. Jene, die in meinem Kopf existiert. Und jene, die mich täglich umgibt und meine vom Bildschirm getrockneten Augen morgens aus dem Schlaf zerrt.

Theoretisch bin ich täglich irgendwo. Ausgewandert nach Zypern, auf Roadtrip in den USA, am Strand in Thailand bei Ram, unserem Lieblingshost. Die Dächer überblickend in Paris. Pasta essend in den Gassen Roms oder einfach brutzelnd am Strand Jasmins Wahl.

Es ist mir fast schon egal, wo oder wie. Mein Favorit ist mal Zypern, mal eine Ranch in den USA. Mal das Digitale Nomadentum ohne Besitz. Und nicht allzu selten eine Heimat in Paris. In meiner Lieblingsgasse, nicht weit vom Platz mit dem schönsten Querschnittblick durch und über die Stadt.

Und dann touchieren meine Zehen den faserigen Bettvorleger, der viel zu lang nicht gesaugt wurde und der sich meines Interesses sowieso entzieht. Genau wie die gesamte Einrichtung unserer Wohnung und Letztere als Gesamtes ohnehin.

Wir leben im Übergang und fliehen vor dem Untergang. Mental. Und oftmals physisch. Erschweren uns das Leben maßgeblich mit oftmals unpraktischen wie unnötigen hohen Ansprüchen an Kleinigkeiten. Für uns und unsere Tochter. Während sich Letztere eigentlich um Nichts sorgt. Außer der Erkundung von neuen Dingen, Menschen und Worten. Die nichts braucht außer uns. Während wir eigentlich nichts brauchen, als sie und uns. Eigentlich.

Davon sind wir etwas weggekommen. Dinge nehmen so viel Platz ein. In meinem Kopf, unserem Leben und in jener Wohnung, die den Übergang symbolisiert, wie nichts sonst. Designerpullover oder einfach das x-te „praktische Ding“, das uns „garantiert so vieles leichter machen wird“. Der Fitnessspiegel, vor dem wir endlich Sport treiben würden. Die Hanteln mit variablen Scheiben, von denen ich ohnehin nur drei anheben kann. Was sich in absehbarer Zukunft auch nicht unbedingt ändern dürfte.

Dinge, die kein Mensch benötigt. In einer Wohnung, die kein Mensch möchte. An einem Ort, der die Vergangenheit symbolisiert, wie kein Zweiter.

Die Welt besteht aus mehr als Luxushotels, Instagram, Autos, Mode, Amazon-Bestellungen und Geld verdienen.

Ich muss mich manchmal daran erinnern.

Und wenn ich mir nicht auf die Sprünge helfe, sind es dann doch liebe Menschen, die mich auf die Schulter tippen, um mich etwas, wenn auch unbewusst, aus meinem Habitus zu befreien. Meine Gedanken auf neue Pfade lenken und mich innerlich erfrischen.

Don’t get me wrong: Mein Leben ist so, wie es ist, großartig. Und doch ist es momentan, wie zwei Kapitel aus demselben Buch parallel zu lesen. Das Eine zum dritten Mal. Vorwärts, rückwärts, seitwärts. Und das Andere mit zu wenig Aufmerksamkeit. Und mit zu wenig Mut, ihm eine Chance zu geben. Auf der Hälfte stoppend.

Dabei läge die Entscheidung bei mir, bei uns. Was bleibt, ist die Frage:

Wohin und wie?

Mental, physisch und beruflich. Alle Möglichkeiten stehen offen. Wir müssen bloß zugreifen, ein bisschen Urvertrauen verspüren und uns trauen. Uns trauen, einen Schritt ins Unbekannte zu wagen und aus den hiesigen Denkmustern erneut auszubrechen.

Denn diese wuchern unbemerkt. Um das eigene Gedankengut herum, bis sie es vollends erstickt haben und fortan selbst das eigene Sein bestimmen. Und Tag für Tag wird es schwerer, aus diesem Gestrüpp wieder herauszukommen.

Ich spüre in den letzten Tagen wie Wochen, dass sich Dinge verändern. Essentielle Dinge. Unumstößlich geglaubte Institutionen, wenn man so will. Spüre erstmals so richtig intensiv und unverkennbar, dass ich, allein ich, für mich und nun für eine ganze Familie verantwortlich bin. Und zeitgleich ge- und erwachsen genug bin, um diese Verantwortung zu schultern. Ganz ehrlich? Wäre ich vor gar nicht allzu langer Zeit nicht gewesen.

Ich spüre, wie mein Urvertrauen langsam den Weg zurück in mein Leben findet und die ängstlichen Phasen überwindet. Die letzte Konsequenz mag noch ausstehen. Aber auch sie wird schon noch Einzug erhalten, da bin ich sicher.

Es mangelt aktuell ein wenig an Selbstdisziplin. In Sachen Ernährung, Fitness, Selbstorganisation. Aber hey, Eines nach dem Andern.

Es fehlt dazu möglicherweise das vollkommen beantwortete „Wozu eigentlich?“. Ein neues Etappenziel. Eine klare Lebensvision für die nächsten Jahre. Und damit verbundene Notwendigkeiten, die anzustreben sind.

Nichts, das unbedingt sein muss, weil man es nun mal so macht. Sondern weil ich bemerke, dass ich so etwas brauche. Als Ansporn, als Fixstern. Für den „Endlich“-Moment am Ende, der mich dann entspannen lässt.

Und der mir mit Sicherheit vermittelt: Das alte Kapitel musst du nicht nochmal lesen, Alex. Wir genießen erstmal das Neue. Und das Nächste schreiben wir selbst. Unabhängig von allem Anderen.

Das wäre doch was.

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Über Alex

World-Traveller & grenzenloser Optimist.
- "Finde dein Glück in der Vielfalt der Welt."

Alex Schreiner

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